Heute bin ich aufgewacht und fühlte mich sofort scheiße. Einfach so. Kein Grund. Kein Alkohol. Kein Mann. Kein Stress. Nichts.
Die Nacht war einfach komisch. Gegen 5 Uhr weckte mich ein Geräusch draußen – ich wohne im Hochparterre mitten in Hamburgs Partyviertel. Am Anfang hatte ich immer Angst vor Einbrechern, aber eigentlich war diese Angst weg. Betonung auf war. In dieser Nacht war sie wieder da.
Also, aufstehen. Licht an. Fenster zu. Zurück ins Bett. Blissful Ignorance.
Next stop: Alptraum. Heute Morgen natürlich längst vergessen, aber irgendwas mit Angst und nicht mehr weglaufen können war es. Um 8:30 wachte ich komplett gerädert auf. Latente Übelkeit. Muskelkater vom Complete Body Workout. Hüftschmerzen vom Ü40-Sein. Und sofort der Gedanke: Alleinsein nervt. Ich fühlte mich wie die alleinstehende Tante aus einer 80er-Jahre-Familienkomödie. Aber welche Version? Die Coole, die heimlich Likörchen trinkt, raucht und ab und zu mal ’nen 20-Jährigen abschleppt? Oder die Bemitleidenswerte, die Spießige mit Rüschenbluse, die nach dem dritten Asbach Uralt deinem Vater subtil die Hand auf den Schenkel legt?
Mein Kopf wehrt sich gegen den Gedanken und will Feministin sein. Ich muss ja nicht alleine sein. Ich hab nur keinen Bock auf die meisten Typen, die mir begegnen. Zu wählerisch? Vielleicht. Zu freiheitsliebend? Maybe. Oder sind die meisten Männer einfach Lauchs, die nicht mit selbstbewussten, starken, erfolgreichen Frauen klarkommen? Auch das.
Aber bin ich das? Selbstbewusst, stark, erfolgreich? Wenn ich mir diese Fragen stelle, wohl kaum sehr selbstbewusst. Wenn ich mich allein fühle, nicht so stark. Und wenn ich genug Zeit habe, diesen Text Dienstagmittag um 12:45 zu schreiben, scheinbar auch nicht so erfolgreich…
Und jetzt? Keine Ahnung, ehrlich gesagt.
Eine meiner vier Horoskop-Apps sagt, heute wird der glücklichste Tag des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts. Aha.
Scheinbar der ideale Startpunkt für etwas Neues. Eine Beziehung zum Beispiel. Is klar. Hilft mir jetzt auch nicht.
Ich gehe im Kopf alle Männer durch, die in den letzten Wochen und Monaten in meinem Leben waren. Vielleicht hab ich was übersehen?
Da sind die,
die man mochte, aber die einen jetzt ghosten.
die man nicht mochte und selbst am liebsten ghosten würde.
die vergeben sind und irgendwie trotzdem Interesse zeigen.
die vergeben sind und ich gerne hätte, dass sie trotzdem Interesse zeigen.
die Singles sind, aber ein stabiles Suchtproblem haben.
die Singles sind und ein stabiles Psychoproblem haben.
die Singles sind und beides haben.
die Singles sind und viiiiiel zu jung.
die Singles sind und viiiiiel zu alt.
Und natürlich der Ex meiner besten Freundin.
Well… Und mittendrin frage ich mich, zu welcher Single-Gruppe ich wohl gehöre.
Checklisten-Abgleich. Ein bisschen wie Gebrauchtwagen kaufen. Optik: Noch ganz schick, paar Kratzer im Lack, aber keine großen Beulen. Innere Ausstattung: Keine Leichen im Kofferraum. Vielleicht ein toter Marder unter der Motorhaube. Aber das lässt sich richten. Technik: Leichte Alterserscheinungen, aber kein Motorschaden. Meilenstand: „Gut rumgekommen, das alte Mädchen. Aber das ist ’n Diesel, der muss auch bewegt werden. Stillstand tut da nicht gut.“
Und wohin bringt mich dieses Gedankenchaos? Keine Ahnung mal wieder. Die Erkenntnis, dass sich eh nichts sofort ändern lässt. Also wohl das Schlaueste, einfach weiterzumachen.
Aufstehen, Insta checken. Neuer Krieg irgendwo? Nee. Puh, Glück gehabt. DM, lustiges Reel von Sarah. Hahaha, Smiley-Emoji-Antwort. Anziehen, vorher Wetter checken und Horoskop-Apps. Aha, Sonne Konjunkt Jupiter Transit, fast Neumond. Mh, das erklärt einiges. Kleid vielleicht? Cowboy-Boots dazu? Für den Einkauf im Penny!? Ja doch, why not. Waschen, essen, Cheerleader-Serie auf Netflix. ADHS-Medis. Mehr Cheerleader. Medis kicken. Kopfschmerzen, Kieferverspannung. Soll das so, ChatGPT? Oder hab ich gar kein ADHS und bin jetzt jeden Morgen auf Speed? ChatGPT sagt, sieht aus, als ob ich wirklich ADHS hab. Na gut. Dann weiter im Text.
Netflix aus. Mails checken, keine spannenden Jobs. Frage: Was für einen Job will ich denn überhaupt? Auch darauf keine konkrete Antwort. Irgendwas Entspanntes. Irgendwas, wo man trotzdem gut verdient. Irgendwas, wo man nicht den ganzen Tag im Büro sitzt. Irgendwas, wo man einen Hund mitnehmen kann. Falls ich mal einen will (will ich das?). Irgendwas mit netten Kollegen, Abwechslung und spannenden Aufgaben. „Aber das sind ja gleich drei Dinge auf einmal.“ Shut up, Ü-Ei-Werbung in meinem Kopf!” Wie gut wirken wohl meine ADHS-Medis, wenn dieser Text schon so random ist wie die Ticketpreisgestaltung bei Live Nation?
Hach, ich weiß es doch auch alles nicht. Also weiter im Text. Mail an meinen Therapeuten: Ich glaube, die Medis wirken nicht so wie sie sollen. Er ist nicht mehr in der Praxis. Neue Ärztin. Termin in 2,5 Monaten? Klar, reicht locker. Bis dahin kann ich ja in die Notfallsprechstunde kommen. Bestimmt total entspannt. Weiß ich ja jetzt nicht. Ja, ok. Termin für September dann.
Vielleicht erstmal den CV anpassen? Ist doch alles elektronisch in HR heutzutage. Den CV kriegt vor Runde drei kein echter Mensch zu sehen. Vielleicht krieg ich deswegen nur Absagen. Was sagt ChatGPT? Gute Idee! Ok. Pass mal an. Geht nicht als PDF. Na gut. Dann frag ich Claude. Claude kann PDFs. Sieht gut aus, aber eine Anpassung noch bitte. (Darf man noch “bitte” zu KI sagen? Das kostet doch Wasser…) Limit erreicht. Claude macht heute gar nichts mehr für lau für mich. Fair enough. Dann doch mal ans Master-Proposal setzen. Halt. Stop. Huuunger.
Na gut, dann erstmal gucken, was es so in der Küche gibt. Gar keine Lust zu kochen. Ich muss ja auch auf mein Bauchgefühl hören. Intuitives Essen oder so. Der Körper sagt einem schon, was er will. Ein kleines Küchlein. Oder auch zwei. Das will er. Na, dann soll es wohl so sein.
Ich mach dann später hier weiter. Vielleicht. Erstmal zu Penny. Ja genau. In Cowboy-Boots und Kleid. Is was?
Ah ich fühl‘s sooo sehr! Danke dafür!